Im vorigen Blogpost beschrieb ich die sieben Säulen der Resilienz. Mit Resilienz ist eine psychische Widerstandsfähigkeit gemeint, die Art und Weise, wie gut wir Krisen im Leben meistern und mit Rückschlägen umgehen.

Diese dort beschriebenen sieben Eigenschaften sind jedoch nur die halbe Wahrheit. Ganzheitlicher betrachtet lässt sich ein resilientes Leben noch mit folgenden fünf Komponenten beschreiben, die ich „Resilienz-Zwiebel“ nennen möchte. Sie bauen aufeinander auf und geben uns im Alltag eine schöne Anleitung, wie wir uns selbst gegen Krisen, aber auch gegen Stress immunisieren können.

Die "Resilienzzwiebel". Grafik: Ralf Grabowski

Die „Resilienzzwiebel“. Grafik: Ralf Grabowski

Der Körper

Der zentrale Kern für die Stärkung der Reslienz ist unser eigener Körper: Wie pfleglich gehe ich mit ihm um? Gönne ich mir genügend Schlaf, esse ich ausreichend und gute Lebensmittel, bewege ich mich? Gerade in stressigen Zeiten neigen wir dazu, weniger Pausen zu machen, weniger zu schlafen und eher schnell und nebenher das belegte Brötchen vom Bäcker hinunterzuschlingen. Kurzzeitig ist das sicher kein Problem, wenn es länger andauert, kann es jedoch eines werden.

Wichtig auch zu wissen, wenn wir mitten in einer fetten Krise stecken: Dann erst recht auch auf unseren Körper achten, ihm ausreichend Ruhe, aber auch ausreichend Bewegung zu gönnen mit beispielsweise ausgedehnten Spaziergänge im Wald. Auf das so genannte Waldbaden schwören japanische Therapeuten.

Die Emotionen

Wer gut in Verbindung mit seinen Emotionen ist, sich von ihnen leiten lässt und sie als (neben der Kognition) gleichberechtigten Kompass für seine alltäglichen Entscheidungen nimmt, scheint besser durchs Leben zu kommen. Denn Gefühle signalisieren Bedürfnisse. Und wer seine Bedürfnisse kennt und sie ernst nimmt, erkennt und wahrt auch seine eigenen Grenzen. Und beugt damit Überlastungssituationen und Burnout vor. Sinnvoll ist es also, das Gewahrsein, also diesen Blick nach Innen (man könnte es auch mit dem Modewort „Achtsamkeit“ bezeichnen) zu üben. Beispielsweise, indem Sie sich ein paar Mal am Tag eine kurze Auszeit gönnen, sich ans Fenster stellen und ganz bewusst drei tiefe Atemzüge nehmen, und danach wie mit einem Scanner den eigenen Körper durchleuchten und das passende Adjektiv für ihre momentane Gefühlslage und für ihre momentane Stimmung suchen.

Kognitionen

Auf dieser Ebene geht es um die gedankliche Bewertungen von Ereignissen. Durch welche Brille sehen wir die Welt? Wie interpretieren wir das Geschehen? Welche Glaubenssätze sind in mir aktiv? Dass die Art und Weise, wie wir die Welt bewerten, unmittelbaren Einfluss auch auf unser Wohlbefinden, ja sogar auf den Hormonhaushalt hat, wird sehr schön von Kelly McGonigal in einem TED-Talk erklärt. Demnach haben Studien ergeben: Wenn Testpersonen es lernten, Stressreaktionen in konstruktiver Weise zu interpretieren, blieben ihre Herzkranzgefäße so offen, wie wenn sie glückliche Momente erlebten – was eindeutig gesünder fürs Herz ist.

Zur Ebene der Kognitionen gehören aber auch unsere Selbstgespräche: Wie gehen wir mit uns um, wenn uns ein Missgeschick passiert? Würden wir solche Worten auch gegenüber einem guten Freund verwenden? Schimpfen wir mit uns oder finden wir für uns tröstliche Worte? Die Psychologin Kristin Neff von der Uni in Austin, Texas, beschreibt die heilende Wirkung unter dem Begriff des Selbstmitgefühls („self-compassion“) – das übrigens auch ein Resilienzfaktor ist. Mittlerweile ist die positive Wirkung eines liebevollen Umgangs mit sich selbst in zahlreichen Studien belegt.

Soziale Beziehungen

Wer sich mit angenehmen Menschen umgibt und nährende Kontakte bevorzugt, lebt besser und länger. So könnte man die Studien zu diesem Aspekt zusammenfassen. Wir sind soziale Wesen und schon der Volksmund wusste: „Geteiltes Leid ist halbes Leid.“ Kontakt, vor allem auch körperlicher Kontakt, macht resilient. Auch darauf weist Kelly McGonigal hin: In psychisch belastenden Situationen produziert unser Körper auch das Hormon Oxytocin. Es wird als „Bindungshormon“ bezeichnet, weil es beispielsweise nach dem Sex oder auch bei Müttern im Kontakt mit ihren kleinen Babys ausgeschüttet wird. Es sorgt dafür, dass wir uns anderen verbunden fühlen. Gleichzeitig ist Oxytocin auch ein Stresshormon: Das Herz hat spezielle Rezeptoren für Oxytocin, damit es sich schneller vom Stress erholen kann. Kontakt, so sagt die Psychologin, sei ein menschlicher „built-in“-Mechanismus gegen Stress.

Spiritualität

Mit Spiritualität als letzter Schicht ist nicht Religiosität oder Esoterik gemeint, sondern ganz grundsätzlich das Gefühl eingebunden zu sein in ein großes Ganzes. Manche Menschen haben solche Gefühlen, wenn sie in den Bergen unterwegs sind oder ganz allgemein in der Natur, andere erleben die Momente in der Meditation, beim Yoga oder im Flow beim Ausüben eines Hobbys oder der Arbeit. Leitfragen könnten sein: Was gibt meinem Leben Sinn? Welche Prioritäten habe ich? Was liegt mir wirklich am Herzen?