Wie kommt es, dass Menschen, die in wirklich widrigen Umständen groß geworden sind, gut im Leben stehen und andere, die behütet und gut versorgt aufgewachsen sind, schnell aus der Spur kippen? Dieser Frage gehen Psychologen und Mediziner seit vielen Jahren unter dem Stichwort Resilienzforschung nach.

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Werkstoffkunde und beschreibt dort den Grad der Belastbarkeit eines Materials. Im psychischen Kontext tauchte er in den 1960er Jahren auf. Urmutter der Resilienzforschung ist die Entwicklunspsychologin Emmy Werner, die 40 Jahre lang mehrere hundert hawaiianische Kinder beobachtet hat. Etliche von ihnen wuchsen unter schwierigen Bedingungen auf mit Armut, Misshandlung oder Scheidung der Eltern. Für zwei Drittel von ihnen verliefen die Lebenswege nicht gerade rosig. Doch ein Drittel dieser Kinder meisterte das Leben richtig gut. Wie schafften sie es?

Mit Resilienz ist also die Fähigkeit gemeint, Krisen zu meistern, sich von Rückschlägen im Leben zu erholen, Herausforderungen anzunehmen und mit Selbstvertrauen in die Zukunft zu gehen. Resilienz wirkt wie eine immunisierende Impfung gegen die Widrigkeiten des Lebens.

Die schlechte Nachricht zuerst: Resilienz kann angeboren sein, hängt also mit der genetischen Ausstattung zusammen. Die gute Nachricht: Resilienz ist auch erlernbar, sie lässt sich trainieren.

Mittlerweile geht die Forschung davon aus, dass resiliente Menschen vor allem über folgende sieben Eigenschaften verfügen:

Akzeptanz

Manches geschieht, ohne dass wir einen Einfluss darauf haben: Unglücke, Krankheiten oder weniger dramatisch: Ein neuer Chef wird ernannt, ein wichtiger Kollege kündigt, Freundschaften verändern sich. Wer dann nicht hadert, sondern loslässt, womöglich sogar einen Perspektivwechsel hinbekommt („Welche positive Eigenschaft kann ich dem Problem abgewinnen?“) kommt mit Krisen besser klar.

Eigenverantwortung

Nicht zu verwechseln ist die Akzeptanz übrigens mit der Opferrolle: In jeder Katastrophe bleibt uns dennoch ein Handlungsspielraum. Hier heißt es, Verantwortung für unser Tun zu übernehmen und anderen auch mal Grenzen setzen.

Optimismus

Gemeint ist ein realistischer Optimismus, kein bloßes positiv thinking. Mit Übung und etwas Zeit lassen sich pessimistische Glaubenssätze („Es geht sowieso schief“ oder „es kommt selten was Besseres nach“) mit heller gefärbten Sätzen („ich bin gut vorbereitet, ich werde das Kind schon schaukeln“ oder „ich lass’ mich gern überraschen, was als Nächstes kommt“) „überschreiben“.

Selbstwirksamkeit

Wer sagt „Da hab’ ich nochmal Glück gehabt“ sieht nicht seinen eigenen Anteil am gelingenden Leben. Wichtig ist, immer wieder Bilanz zu ziehen und seine eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und Leistungen realistisch einschätzen.

Soziale Kontakte

Wer gut eingebunden ist, kann Krisen besser meistern. Pflegen Sie also Ihren Freundes- und Bekanntenkreis, holen Sie sich Unterstützung bei Problemen, lassen Sie andere an ihrem Leben teilhaben.

Lösungs- und Zukunftsorientierung

Wer nur auf die Probleme schaut, blickt zurück. Wer dagegen die Lösungen im Fokus hat, schaut in die Zukunft. Dabei mag ich dieses moderne „Probleme sind noch nicht gefundene Lösungen“-Gerede eigentlich nicht. Denn ich weiß: Nicht zu jedem Problem gibt’s auch eine befriedigende Lösung. Dennoch erscheint es mir wichtig, den Fokus zumindest stärker auf die Lösung zu legen. Denn dann bin ich mit meiner Aufmerksamkeit eher in der Zukunft, und vor allem richte ich mich stärker auf das Tun aus, komme in Handlung und bleibe nicht passiv.