Dies ist der dritte Teil eines kollegialen Interviews über Paartherapie. Lesen Sie zunächst den ersten Teil.

Wie verläuft eine Paartherapie bei Dir in der Regel: wie lang, wie intensiv, wie oft?

Man sollte schon acht bis zehn Sitzungen von 75 bis hundert Minuten Dauer anpeilen, die in einem Abstand von drei bis vier Wochen stattfinden. Das ist jedoch nur eine Daumenregel. Manche Paare verabschieden sich schon nach drei oder vier Sitzungen – entweder, weil sie wieder zusammengefunden haben, oder weil ihnen die Mühe zu groß erscheint. Denn eines ist klar: Leicht ist eine Paartherapie nicht; sie geht ans Eingemachte.

Manche Paare bleiben aber auch über eine viel längere Zeit und gleiten aus einer Therapie in eine Art Coaching über: Sie kommen dann in größeren Zeitabständen und nutzen die Zeit mit mir als unabhängigem Dritten, um heikle Themen anzusprechen oder sich einfach auch Tipps und Informationen zu holen. Für sie sind die Sitzungen dann wie eine kleine Wellness-Oase für die Paarbeziehung.

Was erwartest Du von den Paaren, die zu Dir kommen? Was ist aus Deiner Sicht ihr Beitrag? Und was dürfen Paare im Gegenzug von dir erwarten?

Ich erwarte Engagement und Geduld. Wer zu mir in eine Paartherapie kommt, sollte wissen, dass seine Beziehung auf dem Spiel steht – und dass nötige Veränderungen anstehen. Wichtig ist auch zu wissen, dass es Zeit braucht, bis wir störende Steine aus dem Weg geräumt haben. Und noch mal: Wer nichts über sich lernen will, der wird meiner Erfahrung nach von einer Paartherapie nicht profitieren.

Von mir dürfen Paare erwarten, dass ich mit aller Erfahrung und aller Kreativität für die Beziehung, für sie als Paar und letztlich für die Liebe arbeite. Dem Paar gegenüber bin ich loyal, dabei konfrontiere ich auch oder benenne dysfunktionale Muster. Ich sehe uns Drei in einem Boot sitzen und nach der richtigen Strömung suchen. Wir paddeln gemeinsam, freuen uns gemeinsam darüber, wilde Wasser durchquert zu haben, und sind gemeinsam betroffen, wenn uns der Weg in Untiefen führt.

Machst Du einen Unterschied zwischen Paar-Therapie und Paar-Beratung?

Ja, aber der spielt in der praktischen Arbeit keine Rolle. Ich habe beide Anteile in mir: den Therapeuten und den Berater, die sich immer mal wieder abwechseln. Als Berater erkläre ich, was beispielsweise im Umgang miteinander zu beachten ist oder was einer Beziehung schaden kann; ich benenne manchmal auch, was so gar nicht geht. Ich beschäftige mich schon lange mit dem Zusammensein von Paaren, lese viel dazu, lerne gemeinsam mit meiner Partnerin – und natürlich auch von den Klienten. Mein Wissen und meine Erfahrung teile ich gern.

Die meisten Zeit der Sitzungen ist freilich nicht der Berater im Vordergrund, sondern der Therapeut, der gemeinsam mit dem Paar nach neuen Verhaltensweisen sucht, um neue Bedeutungen ringt. Der forscht, ob die Tipps des Beraters auf fruchtbaren Grund fallen.

Was kann aus deiner Sicht Paartherapie konkret leisten?

Ganz konkret kann sie dem Paar die Möglichkeit bieten, wieder miteinander in guten Kontakt zu kommen. Dass beide im geschützten Raum der Therapie heikle Dinge ansprechen; dass sie sich einander wieder öffnen. Das kann in Übungen, in denen wenig oder gar nicht geredet wird, dass kann aber auch in angeleiteten, achtsamen Gesprächen passieren. Paare, die zu mir kommen, leben ja häufig in einer großen Sprachlosigkeit, haben sich von einander entfernt und beäugen sich misstrauisch. Im Rahmen der Therapie können sie lernen, sich auf einem anderen Spielfeld zu begegnen. Und klar: In einer Therapie wird auch versucht, alte Verletzungen heilen zu lassen.

Und noch etwas ist mir wichtig: Eine Therapie bietet auch die Gelegenheit, zu lernen, was Beziehung und was Liebe ist: Nämlich ein fragiler Zustand, der immer wieder neu ausbalanciert werden muss.

Fortsetzung folgt …