Vielen Menschen fällt es leichter zu sagen, sie haben einen Burnout, als dass sie von einer Depression sprechen würden. Doch meinen diese beiden Begriffe eigentlich dasselbe? Wie lassen Sie sich gegeneinander abgrenzen?

Zunächst einmal gibt es eine formale Definition: Nach dieser ist Depression eine Krankheit, die „geheilt“ werden, für die eine Arzt jemanden krank schreiben kann. Burnout hat diesen Krankheitswert nicht.
Was eine Krankheit ist, steht in einer Anleitung, dem ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Im Kapitel F sind psychische Erkrankungen erfasst, Depression ist mit der Nummer F32 verschlüsselt und unterteilt in eine leichte (F32.0), mittelgradige (F32.1) und schwere (F32.2). Für eine leichte Depression müssen über zwei Wochen mindestens zwei der drei folgenden Symptome vorhanden sein: Gedrückte Stimmung, verminderter Antrieb und Aktivität mit einhergehender erhöhter Ermüdung sowie Verlust von Interessen oder Freude. Dazu sollten mindestens zwei der folgenden Symptome kommen: Verminderter Selbstwert, Schuldgefühle oder Gefühle der Wertlosigkeit, pessimistische Zukunftsperspektiven, Schlafstörungen, verminderter Appetit und Suizidgedanken.

Burnout dagegen wird im ICD-10 unter Z73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung verschlüsselt. Das Z-Kapitel ist gedacht für „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“ Die Kategorien sind für Fälle vorgesehen, in denen Sachverhalte als „Diagnosen“ oder „Probleme“ angegeben sind, die nicht als Krankheit oder Verletzung klassifizierbar sind.

Soweit die formale Unterscheidung. Dennoch hat der Begriff Burnout durchaus seine Relevanz, nämlich als arbeitspsychologisches Konstrukt. Ursprünglich tauchte der Begriff in den 70er-Jahren in den USA auf im Umfeld der Pflege von Demenzkranken. Laut einer Studie von Herbert Freudenberger klagten viele Pflegekräfte unter überwältigender Erschöpfung, sie wurden zynisch, distanziert und es machte sich bei ihnen ein Gefühl der Wirkungslosigkeit breit.

Herbert Freudenberger und seine Kollegin Gail North entdeckten zwölf Phasen im Verlauf eines Burnout-Syndroms:

  • ein starker Drang, sich selbst und anderen Personen die eigene Leistungsfähigkeit zu beweisen,
  • extrem übersteigertes Leistungs-Streben,
  • starke Überarbeitung; alles wird der Arbeit untergeordnet, das private Leben bleibt auf der Strecke, soziale Kontakte sowieso,
  • auftretende inneren Konflikte werden kaum gespürt; und wenn, werden sie überspielt,
  • das Wertesystem gerät ins Wanken, andere Interessen werden bedeutungslos,
  • Rückzug: Kontakte werden auf ein Minimum beschränkt,
  • das Verhalten ändert sich auffallend,
  • es kommt zu „Depersonalisierung“, der Betroffene hat keinen Kontakt mehr zu sich selbst,
  • große innere Leere, die durch extreme Tätigkeiten oder Suchtverhalten anfangs noch gefüllt wird; wenn die Leere bleibt, kann es zu Depressionen kommen,
  • Suizid-Gedanken

Mittlerweile ist Burnout längst nicht mehr nur ein Phänomen in sozialen Berufen, sondern ist auch in der Wirtschaft, der Politik oder im Sport bekannt. Zum Teil liegt das sicherlich an der positiveren gesellschaftlichen Akzeptanz: Wer einen Burnout hat, wer also ausgebrannt ist, hat schließlich mal für etwas gebrannt, hat hart gearbeitet – und passt somit gut in die Leistungsgesellschaft.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist nicht zu unterschätzen. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bezifferte im Jahr 2010 die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Burnout-Syndroms in der EU auf rund 20 Milliarden Euro jährlich. Und die Bundespsychotherapeutenkammer spricht von einer Zunahme der Burnoutfälle von 700 Prozent im Vergleich zum Jahr 2004.

Egal ob Depression oder Burnout: Die Not der Betroffenen ist real. Und jede Form der Hilfe und Unterstützung sinnvoll.